Fidelis Bentele | Georg Bentele-Ücker

Märchen, Mythen, Sagen –
zwei Bildhauer als Geschichtenerzähler

Pop-up-Ausstellung im Rahmen des Oberstaufener Winterzaubers: 27. Dezember 2023 bis 06. Januar 2024

Wenn es draußen kalt ist und die Winterabende lang, machen wir es uns gerne drinnen gemütlich, lesen und vertreiben uns die Zeit mit Geschichten. Vor allem die Raunächte um Weihnachten und den Jahreswechsel sind voller Mythen, Bräuche und Rituale. Die beiden Oberstaufener Bildhauer Fidelis Bentele und Georg Bentele-Ücker haben Figuren und Motive aus Sagen, Mythen, Heimatgeschichte und Märchen immer wieder zum Thema ihrer Kunstwerke gemacht und werden damit selbst zu Geschichtenerzählern. In einer temporären Ausstellung zeigen wir eine Auswahl von Werken, die sonst in Depots schlummern, möchten damit Inspiration für die ruhige Zeit zwischen den Jahren liefern und Ihnen die lange Winterzeit ein wenig verkürzen.

Ort:
Neubau in der Hugo-von-Königsegg-Straße 6
neben dem Haus des Gastes

Öffnungszeiten: 
täglich von 14 bis 18 Uhr

Eintritt: frei

Samstag, 30. Dezember 2023, 17 Uhr

Atempause und Blicköffner mit Pfarrer Andreas Waßmer

Die Werke des Oberstaufener Bildhauers Fidelis Bentele und seines Adoptivsohns Georg Bentele-Ücker vermögen es, den Betrachter in besonderer Weise anzusprechen. Ihr Anblick öffnet den Blick nach innen. Gönnen Sie sich eine Atempause, lassen Sie die Skulpturen auf sich wirken und spüren Sie nach, was sie Ihnen zu erzählen haben. Pfarrer Andreas Waßmer begleitet Sie durch die aktuelle Pop-up-Ausstellung, gibt gedankliche Impulse und freut sich, mit Interessierten ins Gespräch zu kommen.

Rahmenprogramm:

Mittwoch, 27. Dezember 2023, 15 Uhr

Eine märchenhafte Stunde mit Märchenerzählerin Carola Miller für Kinder ab 4 Jahren mit Eltern und Großeltern (Unkostenbeitrag:4 €/Person)

Dienstag, 02. Januar 2024, 16 Uhr

Das Wunder der Weihnachtskrippen von Oberstaufen mit Peter Scheu

Nach einem Schiffbruch 1952 im Ärmelkanal versinken drei Weihnachtskrippen des Bildhauers Fidelis Benele mti der Fracht auf dem Meeresboden. Zwei von ihnen werden Jahre später zurück an Land gespült – einmal in Dänemark, einmal auf den Azoren. Der ehrenamtliche Kurator des Bentele-Nachlasses Peter Scheu berichtet vom Wunder der Bentele-Weihnachtskrippen. Der Bentele-Kenner, der mit dem Schaffen der Künstler Bentele und Bentele-Ücker vertraut ist, wie kaum jemand sonst, plaudert aus deren Leben und Werk und hat so manche Anekdote parat.

Skulptur "Der Märchenerzähler" im Märchengarten Ludwigsburg

Die Tradition des Geschichtenerzählens

Geschichten wandern von einem zum anderen und verbinden uns, seit es Menschen gibt – je nach Zeit mit unterschiedlichen Ausdrucksmöglichkeiten und technischen Hilfsmitteln. Mündlich, musizierend und predigend. Schriftlich per Brief, Postkarte, Buch und Zeitung; mittels Grafik, Fotografie und Skulpturen; durch Schauspiel und Film. Bis hin zum multimedialen Internet und zu Social Media, über die sich Storys heute rasend schnell rund um den Globus verbreiten. All diese Facetten begegnen dem Besucher in der Ausstellung und entfalten unterschiedliche Wirkung.

Links: Der „Märchenerzähler“ von Bentele begrüßt die Besucher am Eingang des Märchengartens im Barockgarten von Schloss Ludwigsburg.

Der Bildhauer als Geschichtenerzähler

Fidelis Bentele war schon als Kind verträumt und schwärmte für Phantastisches und Mysteriöses. Eigentlich wollte er Musiker werden oder Schauspieler, wandte sich dann aber der Schnitzerei und Bildhauerei zu. Dabei verstand er es, in seinen Skulpturen Realität, Traum und Imagination miteinander zu verschmelzen, seinen Gefühlen und Einsichten in einem kreativen Prozess mit handwerklichem Geschick Ausdruck zu verleihen. Als bildende Künstler hauchten er und sein Adoptivsohn in einem kreativen Schöpfungsprozess Holz und Stein Leben ein, erzählen auf diese Weise Geschichten und vermitteln damit ihre Sicht auf die Welt 

Das Wunder der Weihnachtskrippen von Oberstaufen

Eine geradezu unglaubliche Geschichte rankt sich um drei Weihnachtskrippen, die Fidelis Bentele im Auftrag des Erzbischofs von Chicago anfertigte. Auf dem Weg in die USA gingen diese zum Jahreswechsel 1951/52 mit einem havarierten Schiff im Ärmelkanal verloren. Eine davon tauchte Jahre später, zum Jahreswechsel 1955/56 unter abenteuerlichen Umständen wieder auf der dänischen Insel Röm auf und fand den Weg zurück nach Oberstaufen. 

Lesen Sie mehr über das Schicksal der Weihnachtskrippen und helfen Sie uns, diese unglaubliche Geschichte weiterzuschreiben.

Biblische Geschichten und Gestalten

Eines der ältesten überlieferten literarischen Werke ist die heilige Schrift – eine Ansammlung von Geschichten unterschiedlicher Erzähler, die unsere christliche Kultur prägen. Biblische Geschichten und Gestalten begegnen uns in den Werken von Fidelis Bentele und Georg Bentele-Ücker zuhauf: von Heiligenfiguren über Kruzifixe und Kreuzwegstationen bis hin zu Krippen und Grabmälern. Für die beiden Bildhauer waren religiöse Themen nicht nur im Rahmen von Auftragsarbeiten relevant. Immer wieder setzten sie sich mit christlichen Werten und existenziellen Erfahrungen auseinander. Auch von der buddhistischen Religionslehre hat sich Bentele inspirieren lassen.

Allgäuer Sagen und Volksglaube

Der in Buchenegg/Oberstaufen geborene Fidelis Bentele und der aus Obermaiselstein stammende Georg Bentele-Ücker sind mit Allgäuer Sagen und Volksglauben aufgewachsen und fühlten eine tiefe Verbindung zur Natur und ihren Elementen. In ihrem Werk finden sich Wald-, Wasser-, Feuer- und Berggeister, Trolle, Hexen und Seelen sowie schrullig-schratige Käuze. Teilweise sind diese für den Betrachter nicht immer eindeutig von biblischen Gestalten, urigen Typen aus der Allgäuer Bergwelt und realen Charakteren zu unterscheiden. Die Grenzen zwischen Imagination, Fiktion und realer Welt sind hier fließend. 

Diese eigenartigen, mitunter düster-unheimliche wirkenden Figuren stehen in Kontrast zu naiv-lieblich anmutenden Figuren der beiden Bildhauer, wie sie etwa unter den Märchen- und Brunnenfiguren zu finden sind oder bei musizierende Figuren unterschiedlicher Art.

Skulptur von Fidelis Bentele
Bronzeskulptur "Die Berggeister" von Fidelis Bentele im Staufenpark in Oberstaufen

Heimatgeschichte erzählen und weitertragen

Immer wieder haben die beiden Bildhauer Themen und Ereignisse aus der Heimatgeschichte aufgegriffen. Mit dem „Butz“ zeigen sie eine  wichtige Figur des Oberstaufener Fasnaziestags. Bei den „Berggeistern“, die auch im Staufenpark zu sehen sind, ist nicht klar, ob es sich um mystische Gestalten handelt oder um aufständige Bauern, die das Oberstaufener Schloss in Brand setzten. Die „Lawine“ erzählt vom schweren Lawinenunglück, das im Januar 1954 im Großen Walsertal und im nahen Bregenzerwald viele Opfer forderte. Bentele-Ücker transportierte in seinen Werken später gesellschaftspolitische Kritik zu überregionalen Ereignissen und Entwicklungen.

Beziehung zu Erzählern und Poeten aus der Region

Fidelis Bentele pflegte Bekanntschaft mit zahlreichen Prominenten aus dem In- und Ausland. Darunter befinden sich auch bekannte Literaten aus der Region um Oberstaufen. So verband ihn mit dem schwäbischen Dichter und Erzähler Arthur Maximilian Miller aus Kornau bei Oberstdorf eine Freundschaft, die sich auch in gemeinsamen Projekten niederschlug. Auch mit der Schriftstellerin Gertrud von Le Fort, die in Oberstdorf lebte, stand er in Kontakt und fertigte von ihr eine Porträtbüste an. Fragen wirft die herzliche Duz-Freundschaft zur umstrittenen Schriftstellerin Natalie Beer aus Vorarlberg auf, mit der er auch zusammenarbeitete.

Porträtbüste des Künstlers Fidelis Bentele von Gertrud von Le Fort
© Heimatmuseum Oberstdorf e.V.
Gipsrelief aus dem Zyklus "Der kleine Prinz" von Fidelis Bentele

Märchen

Märchenfiguren zählen zu beliebten Motiven, die die beiden Bildhauer gerne aufgriffen. Auch zahlreiche Hirten- und Brunnenfiguren erinnern an Gestalten, die uns aus Märchen vertraut sind. An der Skulptur „Brüderchen und Schwesterchen“ nach einem Märchen aus den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm, die sich vor der Oberstaufener Schule befindet, laufen Schüler, Eltern und auch wandernde Gäste täglich vorbei. Die Ausstellung zeigt unter anderem Arbeiten aus einem Zyklus, der sich mit dem modernen Kunstmärchen „Der kleine Prinz“ von Antoine de Exupéry auseinandersetzt.