Fidelis Bentele | Georg Bentele-Ücker

Weihnachtskrippe von Fidelis Bentele

Das Wunder der Weihnachtskrippen von Oberstaufen

Winter 1951
Georg Ücker bringt ein Paket mit drei Weihnachtskrippen zur Post

Adressat ist der Erzbischof von Chicago, der sie bei Fdelis Bentele beauftragt hatte. Das Paket wird per Schifffracht in die USA versendet.

21. Dezember 1951
Das Frachtschiff "Flying Enterprise" läuft den Hamburger Hafen aus

An Bord befinden sich 1.200 Tonnen Roheisen, 900 Tonnen Kaffee, 1.682 Postsäcke und zehn Passagiere. Der Zielhafen ist New York.

28. Dezember 1951
Die "Flying Enterprise" sendet einen Notruf

400 Seemeilen westlich der britischen Inseln war das Schiff in einen Orkan und in Seenot geraten. Das Schiff hat Schlagseite und ist manövrierunfähig.

10. Januar 1952
Die "Flying Enterprise" sinkt samt Ladung

Alle Rettungsversuche bringen nichts. Die "Flying Enterprise" sinkt vor den Augen der Weltöffentlichkeit, die die dramatischen Ereignisse in den Medien verfolgt hat. Die drei Bentele-Krippen werden mit der Ladung in die Tiefe gerissen.

Dezember 1955
Bentele erfährt vom Krippenfund auf der dänischen Insel Röm

Fidelis Bentele erfährt kurz vor Weihnachten, dass eine der drei havarierten Krippen an der dänischen Insel Röm angeschwemmt worden war. Sie ist inzwischen m Besitz des Kunstmalers Andreas Petersen.

Anfang 1956
Erste Krippe kehrt nach Oberstaufen zurück

Im Tausch gegen ein von ihm geschnitztes Kruzifix erhält Fidelis Bentele von Andreas Petersen die havarierte Krippe zurück. Die beiden Künstler bleiben in Kontakt und begegnen sich auch persönlich.

Februar 1958
Die Zeitschrift "Gong" berichtet über einen zweiten Krippenfund

Die deutsche Fernsehseitschrift "Gong" berichtet über einen zweiten Krippenfund. Auf der Azoreninsel  Sao Miguel in der Nähe der Ortschaft Vila Franca hatte sie ein Fischer als Treibgut aus dem Meer gefischt. 

1964/1968
Literarische Verarbeitung

Die Schriftstellerinnen Zenta Maurina und Natalie Beer verarbeiten die wunderbare Geschichte der verlorenen und wiedergefundenen Krippe in Weihnachtserzählungen.

22. Juni 2001
Das Wrack der "Flying Enterprise" wird wieder entdeckt und untersucht

Der Wrackforscher und Tiefseetaucher Leigh Bishop entdeckt das Wrack der "Flying Enterprise" in einer Tiefe von zirka 85 Metern wieder. Es folgen Untersuchungen und Aufnahmen für Dokumentarfilme anlässlich des 50. Jahrestags des Schiffunglücks.

Herbst 2022
Heimatdienst Oberstaufen erfährt von Existenz der zweiten Krippe

Der Heimatdienst Oberstaufen erfährt zufällig vom "Gong"-Artikel aus dem Jahr 1958 und damit von der Existenz der zweiten havarierten Krippe. Wo sie verblieben ist, ist bis heute nicht geklärt.

Weihnachten 2023
Oberstaufen sucht die Weihnachtskrippe

Oberstaufen startet eine Social-Media-Challenge und hofft so - 71 Jahre nach dem Untergang der "Flying Enterprise" -, den Verbleib der auf den Azoren gefundenen Weihnachtskrippe zu klären.

Nach einem Schiffbruch 1952 im Ärmelkanal: Drei Weihnachtskrippen versinken mit der Ladung auf dem Meeresboden. Zwei von dreien werden Jahre später zurück an Land gespült - einmal in Dänemark, einmal auf den Azoren

Drei Weihnachtskrippen machen sich im Winter 1951/52 von Oberstaufen auf den Weg nach Chicago

Winter 1951/52: Vergeblich wartet der Erzbischof von Chicago, Kardinal Stritch, auf die Lieferung von drei handgeschnitzten Blockkrippen, die er Monate zuvor bei dem international renommierten Oberstaufener Bildhauer Fidelis Bentele in Auftrag gegeben hatte. Schon vor Wochen waren die wertvollen Kunstwerke in Hamburg auf ein Frachtschiff verladen worden und hatten den Hafen an Bord der „Flying Enterprise“ Richtung USA verlassen.

Dramatischer Schiffbruch des Frachtschiffs „Flying Enterprise“ hält wochenlang die Welt in Atem

Doch im Dezember 1951 gerät das Schiff 400 Seemeilen vor der englischen Küste in einen schweren Orkan. Die an Bord befindliche Eisenerzladung verrutscht, das Schiff bekommt 50 Grad Schlagseite und nach einem Bruch des Ruderschaftes treibt es hilflos in der schweren See. Alle Versuche der 48-köpfigen Mannschaft, den Schaden zu beheben, schlagen fehl.

Am 28. Dezember 1951 setzt Kapitän Hendrik Kurt Carlsen einen Notruf ab, worauf einige der in der Nähe befindlichen Schiffe dem Havaristen zu Hilfe eilen und – nachdem der Sturm etwas abgeflaut – die Mannschaft und zehn an Bord befindliche Passagiere per Rettungsboot übernehmen. Kapitän Carlsen bleibt nach alter Seemannstradition als Einziger an Bord seines Schiffes.

Am 3. Januar 1952 hat sich der Sturm so weit gelegt, dass der Hochsee-Schlepper „Turmoil“ den Havaristen an den Haken nehmen kann. Bei der Gelegenheit springt der Erste Offizier der „Turmoil“, Dancy, auf das Deck der „Flying Enterprise“, um Kapitän Carlsen Gesellschaft zu leisten. Mehrere Versuche Dancys, Kapitän Carlsen zum Verlassen des inzwischen mit 65 Grad Schlagseite in der See liegenden Schiffes zu bewegen, lehnt dieser ab.

Die dramatischen Manöver halten die Weltöffentlichkeit  zum Jahreswechsel in Atem. Zeitungen, Radio und Wochenschauen (darunter die Neue Deutsche Wochenschau) berichten über die Ereignisse auf See, das Schicksal der Schiffsbesatzung und über den zum Helden stilisierten 37-jährigen Kapitän.

Am 9. Januar 1952 – nach sechstägiger Schleppreise und nur 60 Kilometer vom Zielhafen Falmouth entfernt – reißt die stählerne Schlepptrosse. Alle Versuche, das erneut in der See treibende Schiff zu bergen, sind vergeblich.

Frachtschiff „Flying Enterprise“ mit Ladung inklusive der Bentele-Krippen sinkt am 10. Januar 1952 im Ärmelkanal

Am 10. Januar 1952 versinkt die Flying Enterprise samt Ladung in den Fluten des Ärmelkanals, nachdem Kapitän Carlson und der Erste Offizier der „Turmoil“ kurz vorher das Schiff verlassen hatten. An Bord befinden sich 1.682 Postsäcke, darunter unter anderem zehn Säcke aus der Schweiz mit Banknoten und Wertpapieren im Wert von 1,2 Millionen D-Mark, ein wertvolles Instrument des berühmten Geigenbauers Vincenzo Rugeri – und eben auch die drei Bentele-Krippen.

Dezember 1955: Fidelis Bentele erfährt von Krippenfund auf der dänischen Insel Röm

Wie gut, dass die Krippen auf der Bodenplatte das Signum Fidelis Benteles, FB, OBERSTAUFEN/GERMANY tragen. Denn Jahre später entdeckt Jens, ein dänischer Fischerjunge, vor der Insel Röm eine der 32 Zentimeter großen Blockkrippen, die als Strandgut am Ufer angespült worden ist. Die jahrelange Seereise über Hunderte von Kilometern hat die Krippe nahezu unbeschadet überstanden, es fehlt lediglich der Stern von Bethlehem und der Heilige Josef hat seine rechte Hand mit der Stall-Laterne verloren. Das helle Lindenholz hat sich infolge des langjährigen Aufenthalts im Seewasser silbergrau verfärbt. Der clevere Fischerjunge, der mit der Krippe offensichtlich wenig anzufangen wusste, macht seine leicht beschädigte Beute umgehend zu einem Tauschobjekt.

Eine deutsche Touristin ist glücklicherweise Zeugin dieses Handels, bei dem Jens die Krippe dem dänischen Kunstmaler Andreas Petersen aushändigt und von diesem im Gegenzug eines seiner Aquarelle erhält. Ihr sind die Initialen Benteles auf dem Standblock der Krippe nicht entgangen, was sie veranlasst, mit dem damaligen Bürgermeister von Oberstaufen, Herrmann Wucherer, Kontakt aufzunehmen und ihm davon zu berichten. Dieser informiert umgehend Fidelis Bentele, der ob dieser fast unglaublichen Nachricht aus allen Wolken fällt. Lange schon hat er die Hoffnung aufgegeben, die Krippen jemals wieder zu sehen. So erzählten die Geschichte Fidelis Bentele und Georg Bentele-Ücker.

Und so berichtet auch die Tageszeitung „Nordschleswiger“ auf der Titelseite ihrer Ausgabe vom Heiligabend 1992 unter der Überschrift „Vor 35 Jahren strandete die Heilige Familie auf Röm“. Daraufhin meldet sich ein Leser mit einer Variante der Geschichte, die ihm Petersen selbst erzählt habe und die im Jahr 1982 im „Deutschen Volkskalender Nordschleswig“ erschienen war. Demnach hat Petersen die Krippe nicht von einem Fischerjungen, sondern von einer 70-jährigen Dame erhalten, als Dank für handwerkliche Renovierungsarbeiten, die er kurz vor Weihnachten für sie erledigt hatte. Ihr Sohn habe die Krippe am Strand gefunden. Eine weitere Frau, die zwei Jahre später bei ihm zu Besuch gewesen war, habe dann anhand der Signatur Fidelis Bentele als Künstler erkannt.

Am 6. Januar 1956 wendet sich Bentele per Brief an Petersen, erbittet die Krippe zurück und bietet an, ihm als Ersatz etwas zu schnitzen:

>> Da ich mit allem Elementaren stark verwurzelt bin, ich möchte das erwähnen, ohne jegliche Überheblichheit, so möchte ich dieses Stk. Holz wiedr in Händen haben. Und ich glaube ganz sicher, als der Künstler der Sie sind, dass Sie mich verstehen. Ich kenne Ihre Werke schon lange, die mich immer interessierten, ohne zu ahnen, dass ich irgend mal mit Ihnen Fühlung bekommen dürfte.<<

Das Wunder der Weihnachtskrippen – Bentele erhält havarierte Krippe zurück

Petersen geht auf den Tauschhandel ein und wünscht sich für die Rückgabe der Krippe, die sich nach eigenen Angaben zwei Jahre lang in seinem Besitz befunden habe, ein 50 Zentimeter großes Kruzifix. Fidelis Bentele liefert und der Empfänger bedankt sich in einem Brief vom 23. Juni 1956 herzlich dafür. Die beiden Künstler bleiben in Briefkontakt und besuchen sich gegenseitig.

Der Bildhauer Fidelis Bentele und der dänische Kunstmaler Andreas Petersen

>> ‚Solange ich lebe‘, hat er gesagt, werde ich sie nicht wieder aus der Hand geben. Manchmal denke ich, es war eine Fügung des Himmels, wenn meine Arbeit nach so langer Zeit wieder hierher zurückgekehrt ist. ‚Es ist ein Ros entsprungen‘ habe ich sie genannt, und wahrlich, für mich ist die vom Meeressalz gebleichte Skulptur Sinnbild für die stets wiederkehrende, bleibende frohe Weihnachtsbotschaft vom Kind in der Krippe‘. <<

So schildert Petersen die Reaktion von Fidelis Bentele auf die Rückkehr der Krippe anlässlich seiner ersten persönlichen Begegnung mit dem Bildhauer. (zitiert aus einem Zeitungsbericht im „Nordschleswiger“)

Die Weihnachtskrippe erhält – eingedenk ihrer schicksalsträchtigen Rückkehr in die Hände ihres Schöpfers – einen Ehrenplatz im Hause der beiden Künstler Fidelis Bentele und seines Adoptivsohnes Georg Bentele-Ücker. Seither ist die Krippe immer zur Weihnachtszeit auf vielen nationalen und internationalen Ausstellungen zu bewundern.

Seit dem Tod Georg Bentele-Ückers, der 2014 im 84. Lebensjahr verstarb, befindet sich die Krippe im Besitz des Heimatdienstes Oberstaufen e.V., der sie im Rahmen der Bentele-Dauerausstellung in der Alpe Vögels Berg präsentiert. 

Literarische Verarbeitung der wunderbaren Geschichte

Das wunderbare Schicksal der versunkenen und wieder aufgetauchten Krippe bewegt und bezaubert die Menschen. Zwei Schriftstellerinnen, beide persönlich mit Fidelis Bentele bekannt, lassen sich von der Geschichte inspirieren und verarbeiten diese literarisch in ihren Erzählungen. Die lettische Publizistin Zenta Maurina schreibt „Das Christkind auf dem Meeresgrund“, enthalten in einem kleinen Büchlein mit Weihnachtserzählungen aus dem Jahr 1964. Die Vorarlbergerin Natalie Beer nimmt ihre Erzählung „Und der Ozean trug sie an Land“ in den Band „Und fanden das Kind in der Krippe“ von 1968 auf. 

Artikel aus der TV-Zeitschrift "Gong" vom Februar 1958

2022: Das Wunder geht weiter – Heimatdienst erfährt nach 65 Jahren von zweitem Krippenfund auf den Azoren

Und als ob diese Geschichte nicht Wunder genug wäre, gibt es eine Fortsetzung, die mindestens genauso spektakulär ist, wie der dänische Krippenfund.

Diese Geschichte erfährt der Heimatdienst mit 65-jähriger Verspätung, als er im Herbst 2022 von einer Frau aus Norddeutschland informiert wird, dass sie im Nachlass ihres verstorbenen Vaters unter anderem einen Bericht in einer Ausgabe der Zeitschrift GONG von 1958 (!) gefunden habe, in dem von einem Krippenfund berichtet wird. Und dieser Bericht beschreibt den Untergang der Flying Enterprise, nicht ohne anzufügen, dass Fidelis von der zuständigen Stelle nur lapidar informiert wurde, dass seine Sendung „verlustig gegangen“ sei, und er keinen Rechtsanspruch auf Ersatz oder Entschädigung habe.

Viel wichtiger ist aber der durch zwei Fotos belegte Krippenfund, wonach der Fischer José Melena vor der zu Portugal gehörenden Azoreninsel Sao Miguel, in der Nähe der Ortschaft Vila Franca, eine Krippe als Treibgut aus dem Meer gefischt habe, auf deren Bodenplatte deutlich lesbar eingekerbt ist: „F.B. OBERSTAUFEN GERMANY.

Der weitere Verbleib der Krippe ab dem Jahr 1958 konnte leider bis heute nicht geklärt werden. Und auch von der dritten havarierten Krippe fehlt bis heute jede Spur.

Oberstaufen sucht die Weihnachtskrippe:

Unterstützen Sie uns dabei, herauszufinden, wo die Krippe geblieben ist, die auf den Azoren angeschwemmt wurde. Beteiligen Sie sich an unserer Social-Media-Challenge und sein Sie dabei, wenn eine Fortsetzung des Wunders der Weihnachtskrippen geschrieben wird.